Unter welchen Voraussetzungen kann der Pflichtteil entzogen werden?
Für Erbfälle ab 01.01.2010 wurden die Gründe, aus denen der Pflichtteil entzogen werden kann, in § 2333 BGB neu gefasst und konkretisiert.
Pflichtteil entziehen aus folgenden Gründen
§ 2333 BGB (aktuelle Gesetzeslage) lautet:
(1) Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling
- dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
- sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht;
- die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
- wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Entziehung des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils.
Entziehungsgründe für Erbfälle bis zum 31.12.2009
Für frühere Erbfälle (Todesfälle bis zum 31.12.2009) muss unterschieden werden, wem der Pflichtteil entzogen werden soll.
Es gab für Abkömmlinge, Ehegatte und Eltern unterschiedliche Gründe, die eine Entziehung des Pflichtteils rechtfertigen können.
Abkömmlinge
Bei früheren Erbfällen (Todesfälle bis zum 31.12.2009) konnte der Erblasser einem Abkömmling in folgenden Fällen den Pflichtteil entziehen:
- wenn der Abkömmling dem Erblasser, dem Ehegatten oder einem anderen Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet,
- wenn der Abkömmling sich einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung des Erblassers oder des Ehegatten des Erblassers schuldig macht, im Falle der Misshandlung des Ehegatten jedoch nur, wenn der Abkömmling von diesem abstammt,
- wenn der Abkömmling sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder gegen dessen Ehegatten schuldig macht,
- wenn der Abkömmling die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltsverpflichtung böswillig verletzt,
- wenn der Abkömmling einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers führt.
Elternteil
Bei früheren Erbfällen (Todesfälle bis zum 31.12.2009) konnte der Erblasser einem Elternteil in folgenden Fällen den Pflichtteil entziehen:
- wenn der Elternteil dem Erblasser, dem Ehegatten oder einem Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet,
- wenn der Elternteil sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder gegen dessen Ehegatten schuldig macht,
- wenn der Elternteil die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltsverpflichtung böswillig verletzt.
Ehegatte
Bei früheren Erbfällen (Todesfälle bis zum 31.12.2009) konnte der Erblasser einem Ehegatten in folgenden Fällen den Pflichtteil entziehen:
- wenn der Ehegatte dem Erblasser oder einem Abkömmling des Erblassers nach dem Leben trachtet,
- wenn der Ehegatte sich einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung des Erblassers schuldig macht,
- wenn der Ehegatte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser schuldig macht,
- wenn der Ehegatte die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltsverpflichtung böswillig verletzt.
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Neues aus unserem Pflichtteil-Blog:
Pflichtteil-Konstellation Lieblingskind
In der Pflichtteil-Konstellation „Lieblingskind“ werden einzelne Kinder im Vergleich zu ihren (Halb-)Geschwistern bevorzugt behandelt.
Häufig erhalten Lieblingskinder bereits zu Lebzeiten des Erblassers größere Zuwendungen. Meistens setzt der Erblasser das Lieblingskind dann auch noch zu seinem Alleinerben ein.